Eugenio Pellini, die Seele der Materialien
Kuratiert von Federico Crimi, Mirko Agliardi, Marco Dozzio
Civico Museo Parisi Valle
Samstag, 19. Juli 2025, 17:00 Uhr
Eröffnung der Ausstellung und der neuen Räumlichkeiten des MuMa
EUGENIO PELLINI: GESTE UND SUBSTANZ
Eugenio Pellini ist ein zurückhaltender Künstler, der jedoch tief in der lombardischen Kunstszene des 19. und frühen 20. Jahrhunderts verwurzelt ist. Er ist bekannt für seine Fähigkeit, der Materie durch lyrische und introspektive Skulpturen Form zu verleihen, die sich akademischen Stilmitteln entziehen, um die menschliche und spirituelle Essenz seiner Motive zu ergründen. Seine Werke aus Bronze, Marmor und Gips drücken eine stille Intimität aus, die die Ausstellung „Parisi Valle“ mit einer bedeutenden Auswahl an Werken aus öffentlichen und privaten Sammlungen voll und ganz vermitteln wird.
Der vorgeschlagene Rundgang nutzt die Verfügbarkeit und die wichtigen Leihgaben des Atelier Pellini in Mailand, der Gipsoteca Bozzolo-Pellini in Marchirolo (Varese) und privater Sammlungen und erweitert den Blick über die lokalen Grenzen hinaus dank der konkreten Zusammenarbeit mit der Fondazione Cardinale Giacomo Lercaro in Bologna, deren Sammlungen antiker, moderner und zeitgenössischer Kunst den bedeutendsten Werkbestand Eugenio Pellinis außerhalb der Lombardei enthalten.
EIN NEUER RAUM FÜR DAS MUSEUM UND DIE GEMEINDE: DIE GEBURT DES MuMa
Während der Veranstaltung kann die Öffentlichkeit der Eröffnung des neuen Buchladens beiwohnen, einem vollständig renovierten Raum, der auch einen Touristeninformationspunkt zur Förderung der Region beherbergen wird. Der neue Raum wird „MuMa“ heißen und ein Anlaufpunkt nicht nur für Museumsbesucher sein, sondern auch für alle, die das kulturelle, naturalistische und historische Angebot der Gemeinde und des Lago Maggiore entdecken möchten.
Der neue MuMa-Raum wurde von Bürgermeister Ivan Vargiu und Stadtrat Andrea Sbernini nachdrücklich unterstützt und ist Teil einer umfassenderen Vision der kulturellen Wiederbelebung von Maccagno und Umgebung.
EIN ZUKUNFTSBLICKENDES MUSEUM MIT STARKEN WURZELN
Die Initiative ist Teil eines umfassenderen Projekts der Gemeindeverwaltung, die sich entschlossen zum Ziel gesetzt hat, das Stadtmuseum Parisi Valle zu revitalisieren und aufzuwerten und dabei seine zentrale Rolle im kulturellen Leben der Region anzuerkennen. Besonderes Augenmerk gilt der Parisi Valle-Sammlung, dem ursprünglichen Herzstück der Museumsinstitution, deren historische und künstlerische Bedeutung in den kommenden Monaten Gegenstand eines Plans zur Wiederentdeckung und Neuorganisation der Ausstellungen sein wird.
Ausstellungsführer
Die Ausstellung führt in einem Rundgang durch Leben und Werk von Eugenio Pellini (1864-1934), einem der sensibelsten Bildhauer seiner Zeit im Hinblick auf Ausdruckskraft, technische Meisterschaft, Experimentierfreude und Inhalt.
Pellini wurde in Marchirolo in der Provinz Varese zwischen Luino und dem Luganer See geboren. Er stand in der Tradition von bedeutenden Bildhauern aus Varese wie Odoardo Tabacchi und Giuseppe Grandi. Pellini feierte in Mailand Erfolge. Hier richtete er sein Atelier ein, das später an seinen Sohn Eros (Mailand, 1909-1993) überging, Zeugnis einer Bildhauertradition über Generationen hinweg, die fast ein Jahrhundert bestand. Es ist heute als Atelier Pellini bekannt und liegt versteckt im Herzen der lombardischen Hauptstadt. Von hier stammt ein umfangreicher Teil der ausgestellten Werke. Weitere Statuen kommen aus der Gipsfigurensammlung Bozzolo-Pellini in seinem Geburtsort Marchirolo. Der Friedhof des Ortes ist reich dekoriert mit Statuen von Vater Pellini und Sohn und gleicht einem Monumentalfriedhof in Miniatur. Die übrigen Werke in der Ausstellung sind Leihgaben privater Sammler.
Für Rossana Bossaglia, eine der maßgeblichen Stimmen der italienischen Kunstkritik, war Eugenio Pellini „eine wichtige Figur im Wettstreit der Bildhauer“. Und in den Worten von Elena Pontiggia, die 2003 eine Ausstellung in der Permanente in Mailand kuratierte, ist „die Geschichte von Eugenio“ sogar „eine Liebesgeschichte“: Die Bildhauerei war für ihn das wichtigste künstlerische Mittel, um „der Menschlichkeit, dem Leben, den Gefühlen und den menschlichen Erfahrungen“ Ausdruck zu verleihen.
Die Worte von Elena Pontiggia führen mitten ins Herz der Gefühlswelt von Eugenio Pellini . Zeitgenossen schätzten seine kleinen „Bronzefiguren mit intimen, empfindsamen Darstellungen“ (Bossaglia): Frauenporträts, Mütter mit Kleinkindern im Arm, spielende Kinder und junge Mädchen ziehen in der Ausstellung vor den Augen der Besucher vorbei. Dieses poetische, familiäre Repertoire spiegelt sich in Pellinis Vorliebe für kleine Formate, die er auch dann bevorzugte, wenn er soziakritische Themen behandelte.
In der Anklage gegen Kinderarbeit, die in Spazzacamino (Schornsteinfeger, 1888) zum Ausdruck kommt, richtet der Künstler den Blick voll Mitgefühl auf den kleinen Schornsteinfeger, der unter dem Mailänder Arco della Pace in einen erschöpften Schlaf gesunken ist. In der Bronzestatue von Garibaldi (1901) wird der Nationalheld als Guter Hirte dargestellt, der ein Lämmchen im Arm hält. Und auch das Gipsmodell von Giuseppe Verdi (1910-11) ist zwar der Entwurf für ein öffentliches Denkmal, wirkt aber familiär und vertraut in seiner Ausführung. Dies gilt für Pellinis Grabmalkunst insgesamt, die zwar in ähnlich empfindsamen Tönen gehalten, deshalb aber nicht weniger bedeutend ist.
In Pellinis Repertoire sind Leben und Kunst eng miteinander verflochten: Das Vorbild für die Mutterfiguren war seine Frau, und auch seine Kinder standen ihm häufig Modell. Mit seinen künstlerischen Mitteln gelang es Pellini dennoch „große Dinge” (Bossaglia) zu schaffen und zum Ausdruck zu bringen.
In seinem persönlichen Themenkosmos experimentierte der Bildhauer ständig mit neuen Formen und schuf immer wieder Varianten seiner bevorzugten Motive. Er schöpfte aus verschiedenen Kunstströmungen von der Scapigliatura über den Verismus bis hin zum Jugendstil und ließ sich von Künstlern wie Medardo Rosso und Rodin inspirieren. Pellinis Kunst wurde im Laufe der Zeit selbst stilbildend für die Entwicklung der italienischen Skulptur.
Die Ausstellung schließt mit der Büste des Christus in Gethsemane (1891-94). Es handelt sich dabei um ein Fragment von Pellinis berühmtestem Werk: ein monumentaler stehender Christus, der nach dem Verrat durch Judas leidend in den Abend blickt. Diese Statue wurde für verschiedene Grabstätten gegossen und gilt – womöglich noch vor den Arbeiten von Leonardo Bistolfi - als eines der frühesten Werke des italienischen Symbolismus.
Pellini beschritt diesen innovativen Weg mit einer ganz eigenen stilistischen Handschrift und „mit einer formalen Intelligenz und einer Eleganz der Formensprache, die ihn zu einem der führenden Exponenten der Jugendstilplastik machen” (Bossaglia). Davon zeugen nicht zuletzt die eindrucksvollen Grabstatuen für den Mailänder Monumentalfriedhof, hier beispielhaft vertreten durch den Gipsentwurf des Angelo del dolore (Trauerengel) für das Grab von Baj Macario (1904).
Der Rundgang beginnt mit dem bereits erwähnten Spazzacamino (Schornsteinfeger, 1888) in einem bisher nicht gezeigten Bronzeguss und dem originalen Gipsmodell. Auch das Werk Rückkehr vom Berg (1888) wird in doppelter Ausführung gezeigt: Die goldfarbene Patina der Bronze kontrastiert mit dem plastisch geformten Gips. Diese beiden Werke sind herausragende Beispiele poetischer Ausdruckskraft nicht nur des lombardischen 19. Jahrhunderts. Die Gesten, die sanfte Zeichnung der Figuren, die Feinheit und die Empathie, mit der Pellini seine Sujets gestaltet, sind für den Besucher die beste Einführung in sein Schaffen.
Werke der Ausstellung und Biografie
Im Ausstellungskatalog zur Mailänder Triennale im Jahr 2003 hat Elena Pontiggia die verschiedenen Schaffensperioden im Werk von Eugenio Pellini dargestellt: seine Anfänge in der Tradition der Scapigliatura, den Einfluss von Medardo Rosso und – nach seiner Parisreise – von Rodin und dessen Schülern, die Hinwendung zum Verismus und endlich zum Symbolismus und zum Jugendstil in seiner reinsten Form. Sozialkritische Themen durchziehen sein gesamtes Werk, auch wenn er nach der Begegnung mit seiner Frau und der Geburt seiner Kinder eine Vorliebe für häusliche Szenen mit einer Neigung zum Idyllischen entwickelte.
Die dreißig hier ausgestellten Werke geben einen umfassenden Einblick in die verschiedenen Schaffensperioden, Themen und Inhalte des Werks und die biografischen Ereignisse im Leben von Eugenio Pellini.
Eugenio Pellini wurde am 17. November 1864 in Marchirolo als Sohn von Carolina und Andrea Pellini geboren. Er besuchte die Grundschule bis zur vierten Klasse und zog 1878 zu seinem Bruder Oreste nach Mailand, wo er eine Lehre in der Werkstatt des Bildhauers Filippo Biganzoli antrat.
Seine frühen Arbeiten im Stil der Mailänder Scapigliatura sind durch einige wichtige Arbeiten in der Ausstellung vertreten: Sull’erba (Auf dem Gras, 1884, Bronze), Ritorno dalla montagna (Rückkehr aus den Bergen 1888, Bronze und Gips) und Sotto l’Arco della Pace (Unter dem Mailänder Friedensbogen 1888,Bronze und Gips). In letzterem Werk zeigt sich Pellinis früh ausgeprägte sozialistische Gesinnung und Meisterschaft in der Darstellung „eines völlig erschöpften jungen Schornsteinfegers. Hier verbinden sich soziale Anklage und Empfindsamkeit auf ähnliche Weise wie in den Werken seines Zeitgenossen Medardo Rosso” (Franco).
1884 schrieb er sich an der Brera-Akademie ein und wurde in die Bildhauerschule von Ambrogio Borghi aufgenommen; es folgten bald Medaillen und Auszeichnungen. Frucht dieser Ausbildung war die Skulptur Fanciullo di Nazareth (Der Junge aus Nazareth oder Monello, 1891), ein Werk, das mit Identität von Jesus als Sohn des Volkes und Sohn Gottes spielt. Gezeigt wird hier ein Bronzeguss aus den 1920er Jahren basierend auf dem Entwurf für eine Büste (Mailand, Atelier Pellini). Im Hintergrund ist das vollständige Werk in der Vergrößerung eines historischen Fotos zu sehen.
1891 gewann Pellini den alle drei Jahre vergebenen Pietro-Oggioni-Preis, der mit einem Stipendium an der Akademie der Schönen Künste in Rom dotiert war. Er reiste nach Florenz, Rom und Sizilien, wo er 1892 mit La piscinina (Bronze, Verbleib unbekannt) an der Nationalausstellung in Palermo teilnahm. Auch diese Skulptur war dem Thema Kinderarbeit gewidmet. Noch im selben Jahr reiste er nach Paris, wo er sich mit dem Werk von Auguste Rodin beschäftigte.
1893 nahm er an der XLI. Promotrice in Genua mit einem Bronzekopf, Stanca, teil, der 1896 auf der I. Triennale in Turin erneut gezeigt wurde.
1894 gewann er den Wettbewerb für das Gefallenendenkmal in Domodossola (Bronze) und erhielt erste größere Privataufträge, darunter die stehende Figur des Christus in Gethsemane (1895-1906, Grab Lardera) für den Monumentalfriedhof in Mailand. Am Werk entzündete sich eine Kontroverse, da es nach Meinung von Leonardo Bistolfi dessen Statue Christus geht über das Wasser (1899, Gips, Monumentalfriedhof von Casale Monferrato) zu ähnlich war. Eine Zeichnung mit einer Studie von Pellini (Erster Entwurf für den Christus in Gehtsemane; Marchirolo, Gipsfigurensammlung) ist allerdings bereits auf das Jahr 1891 datiert.
In diesen Jahren arbeitete Pellini an der „Erweiterung seiner veristischen Bildsprache durch symbolistische Elemente, der eher intim als erhaben interpretiert werden” (Franco). Ein Beispiel dafür ist sein Wettbewerbs-Entwurf von 1895 für das Denkmal für die Brüder Cairoli in Pavia (Pavia, Musei Civici). Davon zeugen auch Werke mit einer klaren Komposition wie Madre (1897, Gips, Mailand, Galleria d’Arte Moderna), mit dem er 1897 den Antonio-Tantardini-Preis sowie den Preis der Weltausstellung 1900 in Paris und der V. Exposición internacional de arte in Barcelona 1907 gewann.
Wegen antisozialistischer Repressalien in Mailand fand Pellini von 1898 bis 1900 in Varese Zuflucht, wo er an der Oberschule für angewandte Kunst unterrichtete. Im Jahr 1900 kehrte er nach Mailand zurück und erhielt eine Lehrstelle an der Schule für Kunsthandwerk am Castello Sforzesco. Hier lernte er 1903 Dina Magnani kennen, ein Modell an der Brera-Akademie. Nach ihrer Heirat wurde Dina das Vorbild einer zweiten Version von Madre (1903, Marchirolo, Gipsfigurensammlung). Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor, Nives (geb. 1905), Eros (geb. 1909) und Silvana (geb. 1911), die zu bevorzugten Motiven des Bildhauers wurden. Dina Magnani taucht in dieser Ausstellung immer wieder auf: im Bronzeporträt einer sitzenden Figur (Bildnis der Frau des Künstlers), das zwischen 1903 und 1915 fertiggestellt wurde, als Modell für die ergreifende Gipsskulptur Bacio del mattino (morgendlicher Kuss, vor 1914) , die als Symbol für die gesamte Ausstellung dient, sowie für die Gipsskulptur Mutter mit Kind im zweiten Raum. Hier werden Porträts von Personen gezeigt, die dem Bildhauer nahestanden. Besonders eindrucksvoll ist die Bronzeskulptur Erzählungen der Großmutter (um 1910), die an die Kindheit des Künstlers in Marchirolo erinnert und durch ihre Formvollendung und einfühlsame Darstellung besticht.
Im Jahr 1905 vertrat Pellini – neben weiteren Künstlern - die lombardische Schule auf der Internationalen Kunstausstellung in München mit dem Werk Kopf eines Jugendlichen (Bronze, Mailand, Atelier Pellini). Im selben Jahr nahm er mit Vox clamantis in deserto (Der Ruf in der Wüste, Marmor, Mailand, Atelier Pellini) an der VI. Biennale in Venedig teil. Ebenfalls 1905 entstanden die beiden Telamonen für den Balkon der von Giulio Macchi entworfenen Casa Bianchi in Varese. Die unter ihrer Last gekrümmten Träger erinnern in ihrer meisterhaften Ausführung an den von Michelangelo inspirierten Rodin. Diese Meisterschaft zeigt sich auch in Werken wie Judas (Marchirolo, Gipsfigurensammlung) und im Minatore (Der Bergmann, Bronze, Mailand, Atelier Pellini), beide aus dem Jahr 1906. Der selten gezeigte Minatore war erst einmal auf der Nationalen Kunstausstellung in Mailand zu sehen.
Im Jahr 1906 entstand auch das Werk L’idolo (Das Idol), das zu Pellinis berühmtesten Arbeiten zählt. Die Marmorskulptur wird in Bologna in der Fondazione Cardinale Giacomo Lercaro aufbewahrt. Das Werk wurde mit der Goldmedaille des Bildungsministeriums ausgezeichnet und 1907 auf der VII. Biennale in Venedig und 1909 auf der I. Nationalen Kunstausstellung in Rimini gezeigt (Bronzeguss, Mailand, Privatsammlung). Zu letzterer Schau schickte Pellini auch Die Nacht von Caprera (Garibaldi), das den Helden zweier Welten als Guten Hirten darstellt.
Auf die kompakte, gedrängte Form dieses Werks folgte die ausgeglichene Darstellung der Cassandra (oder Porträt der Frau des Künstlers, 1906, Marmor, Mailand, Atelier Pellini), die auf der VIII. Biennale in Venedig (1909) ausgestellt wurde und die stilistisch das Porträt von Karl Marx (1913) vorwegnahm.
Vor dem Ersten Weltkrieg gewann Pellini keine öffentliche Ausschreibung. Beim Wettbewerb von 1910 für das Denkmal für die Tausend in Quarto in Genua ging er leer aus. Beim Mailänder Wettbewerb für das Denkmal für Giuseppe Verdi auf der Piazza Buonarroti (1910-11) kam er immerhin auf den zweiten Platz. Über die seitlichen Bronzetüren des Doms publizierte er zwei Artikel in der Zeitschrift Arte e artisti (16. Dezember 1908 und 16. Februar 1916); doch entging ihm auch dieser Auftrag.
Deutlich mehr Anerkennung erhielt Pellini dagegen von Kritikern und privaten Sammlern.
1910 veröffentlichte Vittorio Pica eine Abbildung der stehenden Figur Come Narciso in der Zeitschrift Emporium (Nr. 189, S. 212) in seiner Rezension der IX. Biennale von Venedig. Pellinis Freund, der Architekt Alfredo Melani widmete ihm am 15. März 1911 einen Artikel in der Zeitschrift Varietas mit dem treffenden Titel: Uno scultore della maternità e dell’infanzia (Ein Bildhauer der Mutterschaft und Kindheit).
Zur gleichen Zeit entbrannte die Kontroverse mit Leonardo Bistolfi aufs Neue. Diesmal ging es um die Flachreliefs für die Merli-Maggi-Kapelle auf dem Monumentalfriedhof von Mailand, die Pellini 1910 geschaffen hatte. Die Kapelle war von Melani, einem Wegbereiter modernistischer Ideen in Italien, entworfen und 1910 in der Zeitschrift L'Architettura italiana vorgestellt worden. Zum Dank für seine Freundschaft und Wertschätzung widmete der Bildhauer Melani ein Bronzeporträt, das heute im Museo Civico in Pistoia aufbewahrt wird.
Eugenio Pellini hatte bereits 1910 an der Internationalen Kunstausstellung in Buenos Aires teilgenommen und gehörte 1915 zur Auswahl der Künstler, die Italien auf der Internationalen Panama-Pazifik-Ausstellung in San Francisco vertraten.
Als einer der angesehensten Bildhauer von Grabkunst und Porträtbüsten für begüterter Auftraggeber schuf er sechsundvierzig Werke für den Monumentalfriedhof in Mailand, darunter L'angelo del dolore (Trauerengel, 1904) aus Carrara-Marmor mit Bronzeverzierungen für die Grabstätte Baj-Macario. Daneben schuf er Skulpturen für die Friedhöfe von Varese, Gallarate, Giubiano, Vigevano, Carate Brianza, Barzanò und Gorgonzola. Er porträtierte bedeutende Persönlichkeiten des Italien seiner Zeit: vom Dichter Speri Della Chiesa Jemoli (1902, Bronze, Varese, Civico Museo d’arte moderna e contemporanea) bis zum Porträt von Luigi Majno, das hier erstmals als Bronzeguss von 1915 zu sehen ist. Die Marmorausführung befindet sich in der Mailänder Galleria d’arte moderna.
1913 wurde Pellini zum Vizepräsidenten und Sekretär der Ausstellung zum vierzigjährigen Bestehen der Künstlervereinigung Famiglia artistica ernannt. Er nahm an den Biennalen in Venedig 1912 und 1914 teil und von 1914 bis 1916 an den Ausstellungen der römischen Sezession, wo er Werke von beeindruckender Ausdruckskraft präsentierte.
Nach dem Ersten Weltkrieg gewann er die Wettbewerbe für die Gefallenendenkmäler in Marchirolo (Der siegreiche Frieden, 1919) und im nahe gelegenen Cadegliano (Der Grenadier, 1920). Es folgten eine Reihe von Einzelausstellungen, darunter seine erste Schau 1923 in der Galerie Pesaro in Mailand. Der Katalog mit einer Einführung von Alfredo Melani ist hier in einem Schaukasten zu sehen.
In diesen Jahren nahm Pellini an den Ausstellungen der Federazione artistica lombarda (Lombardischer Künstlerverband) teil. Die Einladungen zur I. Biennale in Rom (1921, mit Madre) und zur Fiorentina im Frühjahr 1922 (mit gleich drei Werken) bestätigten seinen Ruhm. Seine Marmorplastik Piccola Medusa wurde auf der XV. Biennale in Venedig (1926) von König Vittorio Emanuele III. erworben und befindet sich heute in den Sammlungen des Palazzo del Quirinale in Rom.
1927-28 nahm er an der 75. und 76. Ausstellung der Società di belle arti di Genova teil. Sein letzter Auftrag stammt aus dem Jahr 1929, die Herme-Büste von Carlo Canilli (Bronze, Liceo Berchet, Mailand). Er konnte sie vollenden, bevor eine Krankheit ihn zwang, künstlerisches Schaffen und Lehrtätigkeit aufzugeben.
Eugenio Pellini starb am 28. Mai 1934 in Mailand in seinem Wohnhaus und Atelier in der Via Curtatone (heute Via Siracusa). Ein geplantes Denkmal für General Cadorna für die Seepromenade von Pallanza konnte er nicht mehr ausführen.
Quelle:
Francesca Franco: Pellini, Eugenio in Dizionario Biografico degli Italiani – Band 82 (2015), unter dem Stichwort.
Weitere Quellen:
Rossana Bossaglia: Eugenio Pellini, il sentimento come cultura, in Eugenio Pellini, herausgegeben von Ead und Vincenzo Terraroli, Consonni ed., Mailand 1986.
Elena Pontiggia: L’espressione degli affetti, in Eugenio e Eros Pellini, Ausstellungskatalog (Mailand, Permanente), Skira, Genf-Mailand 2003.
AUSSTELLUNGSINFO
EUGENIO PELLINI: DIE SEELE DER MATERIE
Eröffnung: Samstag, 19. Juli 2025, 17:00 Uhr
Dauer: 20. Juli bis 2. November 2025
Öffnungszeiten: Mo. & Fr. 10:00–13:00 Uhr / 14:00–17:00 Uhr Sa. & Fr. So. 9:00–13:00 Uhr / 14:00–18:00 Uhr Mittwochs geschlossen
Ort: Stadtmuseum Parisi Valle
Via Leopoldo Giampaolo, 1
Maccagno con Pino e Veddasca (Varese)
[ Eintritt frei]
Für Informationen: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
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